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Ein Gespräch mit dem Wanderzirkus Kollektiv

Welten-Bühnenbau auf Festivals


 
 

text Sonni Winkler 
redaktion Isabel Roudsarabi 
fotos Wanderzirkus,
Jonx Pillemer, Kero Zen, Kiara WatermeyerP.Diercks Blackwork, Danilo Rößger 

lesezeit 12 Minuten

Von Freund:innen aus Schulzeiten in Norddeutschland gegründet, vereinen sich heute insgesamt rund 300 Menschen aus über 30 Ländern zu einem großen, bunten Haufen, der als Wanderzirkus Kollektiv umherzieht und Welten für Festivals konzipiert, baut und gestaltet. Wir haben mit dem Wanderzirkus unter anderem darüber gesprochen, wie aus Partys mit Freund:innen eine professionelle Festivalproduktion wurde, wie sie in ihrer Arbeit Planung und Spontanität vereinen und was die Kollektivarbeit zu dem macht, was sie ist.

 

Im Mai 2020 haben wir mit zwei Mitgliedern des Wanderzirkus gesprochen. Beide betonen, dass es sich dabei immer um eine subjektive Perspektive und gleichzeitig eine Momentaufnahme handelt.  

Moin! Erzählt doch mal wie ihr angefangen habt? Wo liegen die Ursprünge des Wanderzirkus?
Wir haben den Wanderzirkus zu acht gegründet. Alle kennen sich schon seit über 15 Jahren, also seit der Schulzeit. Wir kommen alle aus einer wirklich strukturschwachen Region und haben damals angefangen Goa zu hören. Das war so das, was über das Internet bis zu uns hochgeschwappt ist und das war Anfang 2000 die neue heiße Musik. Wir waren auch einfach begeistert von der damaligen Festivalszene und haben dadurch eine komplett neue Welt kennengelernt, die uns bis heute nachhaltig geprägt hat. Auf den Goafestivals wurde immer viel Wert auf Set und Setting gelegt, es gab riesige, durchdachte Aufbauten, es gab immer irgendein Kollektiv was die Party organisierte und es gab neben den DJs und Live Acts immer auch Deko Teams und VJs die gleichwertig auf den Line-ups standen. Das Problem war nur, dass es damals bei uns auf dem Land noch keine Partys gab.

Wir hatten dann so richtige „Reisegruppen“ um nach Bremen, Münster oder Hamburg zu fahren. Irgendwann haben wir uns dann einfach einen Generator gekauft und angefangen kleine Partys an einem See nur für uns zu machen.

Das hat sich dann die Jahre immer weiterentwickelt und zu unserer Studienzeit wurden es dann immer häufiger kleinere Raves. Anfangs ist es den Sommer über als Hobby immer so nebenher gelaufen. Stück für Stück ist es gewachsen. Irgendwann haben sich dann ein paar von uns selbstständig gemacht, konnten so flexibler mit ihrer Zeit umgehen und sie mehr und mehr in Projekte des Wanderzirkus stecken. Dann wurde daraus für manche ein Vollzeitjob, wenn auch hauptsächlich im Sommer.

Was genau war der initiale Moment, in dem aus „Freunde machen zusammen Party“ eine ernste Sache geworden ist?
Eigentlich ging es mit dem ersten eigenen und mehrtägigen Festival los. Dafür haben wir den Verein gegründet. Das war 2014 das „Flow im Schafspelz Festival“. Das war eine sehr legendäre, aber gleichzeitig einmalige Nummer. Wir mussten die Versicherung über irgendetwas Offizielles laufen lassen und konnten das nicht mehr als Privatding verbuchen. Dort haben wir von der Produktion, Ticketverkauf, Toiletten bis zur Müllentsorgung alles selbst  gemacht. Das war im Grunde genommen der Step, als wir vom Freundes-Kollektiv zu einer professionellen Struktur, also einer Vereinsstruktur, übergegangen sind.
Obwohl wir seitdem auch immer mal wieder in Produktionen und Orgastrukturen von verschiedenen Festivals vertreten waren, hat sich über die Jahre eher ein Bau-Fokus auf Dancefloors und Bühnen herauskristallisiert. Wir haben einfach auch gemerkt, dass wir eigentlich gar keinen Bock haben, uns um Dixis Gedanken zu machen.

 


Das heißt ihr seid gar nicht vom Bühnen bauen auf das Veranstalten gekommen, sondern andersherum?
Ja, genau. Das ist aber generell ein Unterschied vom Wanderzirkus, zu anderen Kollektiven aus der Techno-Szene. Wir waren schon immer eher Bauleute und haben auch immer Leute angezogen, die Bock auf’s Bauen hatten. Andere Kollektive profilieren sich vielleicht mehr über die Veranstaltung von Partys und über die Musik. Wir haben zwar auch schon immer Mukke gemacht, aber irgendwie war das nie unser Fokus als Kollektiv. Wir waren immer Leute, die eher kreativ-schaffend tätig sind und mit Hilfe der Kollektivstruktur etwas Großes zusammen erschaffen wollten, was man alleine so gar nicht könnte.

Gibt es Vorteile, wenn das Bühnenbauen und nicht die Veranstaltung selbst im Vordergrund steht?
Wenn man ein Festival als Kollektiv veranstaltet, dann sieht man sich einfach gegenseitig sehr viel weniger. Beim Bühnenbau ist das komprimierter, da ist man Gruppe Bühne. Klar gibt es dann noch Leute die eher Licht machen oder Gruppe Holzarbeiten sind, aber am Ende sitzen alle abends an einem Tisch zusammen. Außerdem kann man den ganzen Tag geilen Kram erschaffen und schubst nicht ausschließlich nur Excel-Listen hin und her.

Wie groß ist euer Verein und wie viele Leute gehören insgesamt zum Wanderzirkus Team?
Konkret im Vorstand sind wir mit drei Vorstandsmitgliedern eher schmal aufgestellt. Damit wollen wir immer schnell und handlungsfähig bleiben. Die ganzheitliche Struktur kann man als Kreise verstehen, aber die Übergänge sind fließend. Um den inneren Kreis herum gibt es so 15-20 Menschen, mit denen wir ständig im Austausch stehen und die regelmäßig bei Treffen dabei sind. Unsere Heads und unsere beiden Architekten zum Beispiel. Dann gibt es so 70-80 Leute, in unserer internen Messenger Gruppe, wo wir auf Englisch kommunizieren. Das sind alles Menschen, die uns schon über viele Jahre begleiten und die bei Neuigkeiten immer als erstes informiert werden.

Dazu kommt dann unser erweitertes Netzwerk von ca. 300 Leuten aus über 30 Ländern, die wir bei großen Projekten über Mailinglisten informieren.

Dabei versuchen wir  immer darauf zu achten, dass auch neue Leute dazu kommen. Weil wir schon gemerkt haben, dass neuer Input außerhalb der eigenen Blase echt wichtig und hilfreich ist. Es hat sich bis jetzt immer bewährt, wenn wir neue Leute aus anderen Kollektiven und auch aus anderen Ländern dazu geholt haben. Für die Struktur und den kreativen Output ist die Durchmischung auf jeden Fall gesund.

Wie kamen diese enorme Größe und Internationalität zu Stande?
Die wahrscheinlich nachhaltigsten Auswirkungen auf die internationale Struktur hatte unser Hauptbahnhof Projekt auf dem AfrikaBurn Festival in Südafrika. Das Festival ist extrem international orientiert und die Menschen aus unserem Team kamen aus Italien, Kenia, Simbabwe, Großbritanien, Moldawien, Frankreich, den USA, Südafrika und Deutschland. Da wurden viele grenzüberschreitende Freundschaften geschlossen, die bis heute anhalten und das hat uns natürlich sehr viele Verbindungen zu Leuten in unterschiedlichste Länder ermöglicht. Durch große internationale Festivals, wie Rainbow Serpent, Tribal Gathering und Boom z.B., wo Teile unseres Netzwerks dann privat hinfahren, kommen immer weitere dazu. Auf dem Pangea Festival 2019 hatten wir dann beispielsweise das mit Abstand internationalste Team auf dem Platz. Da haben wir beim letzten Plenum durchgezählt und waren bei 16 Nationen bzw. Pässen. Jede zweite Person aus dem Team kam aus einem anderen Land.

Was für berufliche Hintergründe haben die Leute bei euch?
Da ist wirklich alles vertreten von freien Künstlern und den üblichen Gewerken wie Tischler, Elektriker, Klempner bis zu Akademikern wie Geographen, Architekten, Schreinern, Statikern, Designern und Ärzten.  Alle Teile zusammen ergeben das große Ganze.
Zusätzlich dazu gibt es auch ‘ne Menge Leute, die noch in der Berufsorientierung bzw. im Studium stecken oder schon Vollzeit irgendwo gearbeitet haben und gemerkt haben, dass das ja eigentlich gar nicht so geil ist und deswegen einfach nochmal komplett was anderes machen wollen.

Wie seid ihr als Team dann konkret beim Bau vor Ort organisiert?
Das Kernteam besteht aus zwei Initiatoren. Die kümmern sich um den organisatorischen Rahmen. Wenn es dann konkret beim Bau darum geht, wer was macht, wird die Gruppe in verschiedene Untergruppen gesplittet: Deko, Technik, Licht, Audio, Gastro und so weiter. Die Teams haben dann immer 1-2 Heads, die schauen in welche Richtung es geht und dann hat jedes Team insgesamt so 10-20 Personen. Das hängt natürlich aber auch immer stark von der Größe des Projektes ab.

Ihr seid ein eingetragener Verein und so agiert ihr dann den Auftraggeber:innen gegenüber?
Genau wir sind ein eingetragener Verein, aber wir sind nicht gemeinnützig.


<spanWie genau funktioniert dann eure Finanzierung?
Das ist unterschiedlich von Projekt, zu Projekt. Bei der Fusion ist es beispielsweise so, dass die leitenden Positionen wie Architekt, Paint Head oder technische Leitung natürlich auch schon bei der Planung involviert sein müssen. Mit denen verhandeln wir einen Preis, der für alle fair ist, und die arbeiten dann selbstständig auf Rechnung. Tatsächlich ist es bei den Leuten, die dann beim Bau vor Ort involviert sind etwas schwieriger, da haben wir verschiedene Sachen ausprobiert. Am Anfang haben wir versucht alle immer gleich zu bezahlen. Natürlich sind die Personalkosten in die Höhe geschossen. Danach sind wir dazu übergegangen die Leute zu fragen, was sie verdienen wollen. Wir haben mit dem Budget einen Rahmen vorgegeben und dann haben wir für den Zeitraum, den die Leute bei uns gearbeitet haben, geschaut, wie viel sie brauchen, um über die Runden zu kommen.

Und hat das in der Umsetzung funktioniert?
Ja, tatsächlich. Wir haben festgestellt, dass die Leute sich ganz gut einschätzen können und auch ehrlich ihren Bedarf angeben, z.B. wenn sie nicht unbedingt auf das Geld angewiesen sind, dann geben sie das auch an. Uns war immer wichtig, dass wir alle Kosten, die für die einzelne Person entstehen, wie z.B. Reise- oder Werkzeugkosten ausgleichen und niemand am Ende draufzahlt. Wir tasten uns da aber auch immer noch weiter ran, wie das besser funktionieren kann.


Wie ist das bei größeren, professionellen Projekten?
Letztes Jahr haben wir einen Auftrag für das About You Pangea Festival bekommen. Das Festival hat durch die kollaborative Zusammenarbeit mit Marken andere Mittel und dahinter steckt auch kein gemeinnütziger Kulturverein, sondern zwei GmbHs, die einfach wirtschaftlich arbeiten. Das war entsprechend auch das erste Projekt, wo wir von Anfang an darauf geachtet haben allen Beteiligten zumindest den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen. Das war für uns ein großer Meilenstein. Das klingt verrückt, aber in so einer großen und freien Struktur ist das nicht einfach alle Beteiligten ausreichend zu entlohnen, weil oftmals die finanziellen Mittel nicht ausreichen.

Im Umkehrschluss müssen wir uns Abseits unserer Kollektivarbeit dann mit Jobs rumschlagen, die wir eigentlich gar nicht machen wollen, nur um uns dann die Arbeit leisten zu können, die wir eigentlich machen wollen. Da fickt uns das System, ganz ehrlich.

Darum sind wir total froh, dass wir mit dem About You Pangea Festival einen Partner auf Augenhöhe gefunden haben, der unsere Arbeit wertschätzt und dadurch auch unsere Kollektivarbeit ein Stück nachhaltiger macht. Auch wenn wir immer versuchen so hierarchiefrei wie möglich zu arbeiten, gibt es bei den großen Projekten Head-Positionen die mehr Verantwortung haben, mehr in die Planung involviert sind, mehr Zeit in das Projekt stecken und entsprechend auch anders bezahlt werden wollen als andere, die weniger Arbeit haben. Und spätestens wenn die technische Zeichnung von einem Architekten bzw. einem Statiker abgenommen werden muss, arbeitet der natürlich auch nicht umsonst.

Wie entscheidet ihr wer bei den jeweiligen Projekten mit am Start ist?
Wir pflegen unseren Pool an Kontakten und geben dann zum Anfang des Jahres bekannt, was in diesem Jahr so ansteht. Dann gibt es einen offenen Bewerbungsprozess. Darin setzen wir ein Formular auf und die Leute können sich dann für konkrete Projekte, Zeiträume und Bereiche bewerben. Manchmal machen wir auch einen öffentlichen Aufruf über unsere Social Media Kanäle, wenn wir zum Beispiel ganz konkret irgendwo Leute brauchen. Aber meistens wächst das sehr organisch aus dem Dunstkreis, den wir eh schon haben.


Kommen Festivals in der Regel eher auf euch zu oder fragt ihr die an, ob ihr was für sie bauen könnt?
Sehr unterschiedlich. Zuallererst haben wir ja erstmal viel selbst produziert und uns quasi die eigenen Festivals und die entsprechende Umwelt zum Arbeiten selbst geschaffen. Meistens sind neue Projekte dann eher organisch oder durch krasse Zufälle dazu gekommen.
Das About You Pangea Festival beispielsweise hat uns eher gefunden, als dass wir es aktiv gesucht haben – wir haben aber zu genau der Zeit einen neuen Partner gesucht, daher war das ein perfect Match. Aber das ist eine längere Geschichte, die auch vor vielen Jahren auf dem AfrikaBurn begann.

Jetzt mal ganz konkret zum Ablauf eurer Arbeit. Vielleicht ist es am einfachsten das einmal exemplarisch an der Fusion nachzuvollziehen.
Wie läuft der konkrete konzeptionelle Prozess ab, wie stimmt ihr euch ab, was und wie viel gebaut wird?
Bei der Fusion haben wir uns 2 Stunden auf Kaffee und Bier getroffen und geschnackt. Dann war eigentlich alles geklärt und wir haben angefangen selbstständig zu planen. Da gab es nicht so viel, was wir schriftlich klären mussten oder vertraglich festgehalten wurde.

Zu dem ersten Meeting sind wir hingefahren mit der Erwartung, dass wir ein kleines Deko Projekt machen und sind weggefahren im Wissen: "Okay wir bauen eine Bühne für 15.000 Leute"

Das war schon ziemlich surreal. Der größte Floor, den wir bis dahin gebaut hatten, war für 1.500 Leute und dann sind wir mit Palapa [Name des Floors auf der Fusion, Anm. d. Red.] plötzlich auf 15.000 hochgegangen. Damit haben wir auf jeden Fall nicht gerechnet.Wir arbeiten immer von der Grobplanung rein in die Detailplanung. Vom ersten über den zweiten, dritten, vierten Entwurf. Aber gestalterisch haben wir da enorm viel Freiraum. Klar, die ersten Skizzen müssen dann mit den entsprechenden Gewerken vor Ort und externen Beteiligten besprochen werden, aber wenn da alles passt, haben wir freie Hand. Darum ist die Fusion auch unser Lieblingsfestival, da sitzen tolle Menschen mit sehr viel Verstand von Ihrer Sache, die schenken einem plötzlich Vertrauen und niemand fragt “Warum?”, selbst wenn es mal brennt oder wir Scheisse gebaut haben – das ist enorm produktiv und motivierend. Und das ist definitiv nicht überall so.

Wie genau läuft die bauliche kreative Gestaltung ab? Gibt es da ein Motto? Wie wird aus der Idee ein konkretes Bühnenkonzept?
Früher war es schon so, dass wir einfach Altholz hatten, Ebay Kleinanzeigen durchforstet haben und dann mit einer groben Idee geschaut haben, was wir daraus machen. Jetzt entwickelt es sich aber natürlich immer mehr zu sehr viel planerischen Prozessen im Vorhinein.
Wir erstellen ein Konzept, das ist dann schon eine Art Motto. Das könnte zum Beispiel eine dystopische Stadt sein oder eine Situation in der Zukunft, und dann gibt es da häufig auch eine Backstory dazu. Ein Teil der Palapa-Story drehte sich zum Beispiel um Leerstand von Gebäuden und Subkulturen die sich die Stadt zurückerobert haben.
Aber wir haben gemerkt, dass wenn wir zu viel Planen, auch schnell die Magie verloren geht – dann fehlt die Spontanität. Klar der Grundaufbau der Bühne steht allein schon für die Statik fest, aber wie z.B. die Gebäude genau aussehen, welche Farben die haben, wie das Licht funktioniert, das sollte im Prozess vor Ort mit den beteiligten Leuten entschieden werden. Wir müssen da aber definitiv noch den richtigen  Mittelweg finden zwischen professioneller Vorplanung und anarcho-Spontanität.


Vor Ort muss es dann ja aber auch schon eine gewisse Hierarchie geben, die z.B. bei 100 Leuten auf der Fusion ein bisschen Struktur reinbringt, oder? Habt ihr sowas wie Bauleiter:innen?
Ja. Wie schon erwähnt gibt es da Heads, die das große Ganze ein bisschen mehr im Blick haben und sehen, wenn z.B. einem Team die Schrauben ausgehen oder andere langsamer voran kommen und Hilfe brauchen. Die Leute kommen dann ins Produktionsbüro und geben Bescheid, damit während der Produktion alles am Laufen gehalten wird. Aber am Ende ist der größte Teil der Arbeit schon eher  eigenverantwortliches Arbeiten.
Alles was handfest sein muss, ist handfest. Alles was dynamisch sein kann, ist dynamisch.

Feiert ihr denn auch mal privat auf Festivals? 
Das ist ganz lustig, weil natürlich sind wir früher auch gerne auf Festivals gefahren. Einfach als Besucher und um die Festivals zu genießen. In den letzten Jahren waren wir immer den gesamten Sommer über damit beschäftigt auf Festivals zu arbeiten, weshalb wir einfach wenig Zeit hatten daneben noch etwas anderes zusammen zu machen.
Aber es fühlt sich bei uns auch weniger nach Arbeit an, im Gegenteil: man muss die Leute eher zwingen beim letzten Bier nicht weiter über die Baupläne zu reden. Eigentlich ist das Bauen auf Festivals das große Wiedersehen mit Freunden und die Planung davor im Büro die nervige Arbeit.

Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, die Dinge die ihr baut auch in anderen Kontexten zu positionieren? Zum Beispiel als Skulpturen im Kunstbereich oder für eine politische Demonstration? 
Unser Arbeit ist auf keinen Fall exklusiv an Musik und Festivals geknüpft. Wir würden voll gern auch andere Sachen machen und unser Spektrum erweitern…zum Beispiel, wenn es irgendwann mal eine Möglichkeit gäbe für das Theater oder für den Film zu arbeiten. Oder wenn uns mal jemand fragen würde im politisch-künstlerischen Kontext etwas beizusteuern, dann könnten wir uns das auf jeden Fall auch vorstellen, insofern das unseren Ansichten entspricht.

Wie sehen eure Zukunftspläne für den Wanderzirkus aus?
Es wäre toll endlich mal eine feste Werkstatt und ein Büro zu haben, in der wir das ganze Jahr über arbeiten könnten. Wir haben das Konzept der mobilen Werkstätten wirklich enorm ausgereizt. Bis jetzt haben wir immer alles vor Ort und temporär gebaut. Wir haben unser Werkzeug und das Material immer dahin gebracht, wo wir am Ende auch gebaut haben.

Habt ihr ein Traumkünstler:in oder Festivals für den/die/das ihr gern mal arbeiten würdet?
Für unser Traumfestival arbeiten wir schon: die Fusion. Die BOOM in Portugal steht sicherlich noch auf der Liste, da wurden wir auch schon angefragt und haben uns mit zwei Projekten beworben, aber das hat am Ende leider nicht hingehauen wegen der regionaleren Ausrichtung des Festivals und wegen Corona. International wäre die BoomTown Fair in Großbritanien auf jeden Fall auch noch etwas, worauf wir Bock hätten oder das Wonderfruit Festival in Thailand. Das Lightning in a Bottle Festival wäre wahrscheinlich so das einzige, was uns vielleicht mal in die USA ziehen würde. Aber das sind schon echt die ganz großen Traumziele.
Unsere Traumkünstler aus der Musikbranche sind alle unabhängigen Künstler, die Wert auf ihr Bühnenkonzept legen und vor allem in den Entscheidungsprozessen selbst dabei sind. Wir haben wenig Lust über irgendwelche Major Labels oder Produktionsfirmen als Vertretung zu kommunizieren. 
Es ist sicherlich auch ein Traum für oder mit anderen freischaffenden Künstlern, Kollektiven oder Vereinen zu Arbeiten: Block9 aus England, Peng Collective, Banksy, Rocco und seine Brüder oder das Zentrum für politische Schönheit zum Beispiel.

Kurz zu Corona – wie sah das für euch aus?
Alle unseren geplanten Projekten wurden tatsächlich abgesagt, daher versuchen wir uns auch breiter aufzustellen. Falls das jemand liest, der Jobs für uns hat die passen könnten: Wir sind fähig, man kann uns aktivieren, wir gestalten gerne Räume, Dancefloors und Bühnen, wir kümmern uns auch gern um die Orga drumherum oder übernehmen das Booking und Stage Management. Sprecht uns einfach an, wir sind da total flexibel.
Die Corona Zeit hat uns auch eine neue Internetseite beschert, das stand schon lange auf dem Programm, wurde aber immer vor sich hingeschoben. Wir haben da auch einen kleinen Webshop eingerichtet, in dem man Supporter-Merch kaufen und uns damit was Gutes tun kann.

Habt ihr zum Ende noch etwas, was ihr loswerden wollt?
Gebt mehr Geld für Kultur aus. Scheißt auf Headliner und riesige Festivals und lasst das Geld bei Künstlern, Kollektiven und Projekten, die euch am Herzen liegen. Es wäre toll, wenn Leute in ihrer Stadt die Strukturen vor Ort mehr supporten würden, weil sehr viele Leute tolle Sachen machen und das oft nicht genügend gesehen wird.