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Jeder muss seine eigene Geschichte erzählen

Open Source Festival im Interview


Seit über zehn Jahren steht das Düsseldorfer Open Source Festival für allerfeinste Popkultur und Morgen-Musik. Es geht um Mitgestaltung und Einflussnahme, Kooperationen untereinander und Künstler mit Alleinstellungsmerkmal. Wir haben mit dem Mitbegründer und künstlerischen Leiter Philipp Maiburg gesprochen um mehr zu erfahren.

text Johannes Jacobi 
fotos Oliver Schübel, Leonie Scheufler, fotoschiko

Also haben wir uns zu dritt ziemlich blauäugig in die Produktion des ersten Festivals begeben

Hallo Philipp, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst. Einleitend stell dich doch bitte kurz vor. Wie alt bist du, wo kommst du her, und was ist deine Funktion beim Open Source?
Ich bin 45 Jahre alt und lebe seit 21 Jahren in Düsseldorf. Das Open Source Festival habe ich mitgegründet und bin seitdem der künstlerische Leiter.

Wann und wie fing das für dich an mit dem Open Source?
Motiviert durch meine Festival Erfahrungen als Gast und DJ, wollte ich unbedingt ein Format in Düsseldorf ins Leben rufen, welches dem popmusikalischen Erbe der Stadt gerecht wird. Bis dahin gab es hier ausschließlich Brauchtum, Jazz, Klassik und Bürgerfeste, aber kein Festivalformat für Popkultur. Also haben wir uns zu dritt ziemlich blauäugig in die Produktion des ersten Festivals begeben.

Was ist euch bei der Ausrichtung besonders wichtig?
Wir möchten, dass die Künstler die bei uns auftreten nicht „austauschbar“ sind. Es sollen spezielle Formate auf die Bühne. Wir motivieren zudem lokale Künstler anlässlich des Festivals mit anderen Künstlern zu kooperieren und experimentieren. Lassen also bewusst Raum für Neues.

Wofür steht das Open Source?
Der Name steht für Mitgestaltung und Einflussnahmen. Durch Formate wie die sipgate Young Talent Stage die Open Squares oder auch die vielen Kunstaktionen mit der KHM Köln, bieten wir die Möglichkeit, das Festivalprogramm mitzugestalten. Schon oft haben wir Gäste motivieren können sich zu bewerben und künstlerisch zu äußern.

möglichst früh die internationalen größeren Namen verpflichten

Ihr seid musikalisch immer sehr am Nabel der Zeit. Nach welchen Kriterien werden bei euch Bands gebucht?
Danke! Klar schauen wir genau wie alle anderen Festivals auch, dass wir Acts im Programm haben die für sich schon eine gewisse Zugkraft haben. Aber das Programm gestaltet sich übers Jahr durch viel Recherche aber auch durch Hinweise von Freunden des Festivals, deren Meinung wir schätzen! Zum Glück unterstützt uns Manuel Schottmüller von Emerged bei den Headliner Anfragen.

Kannst du für uns vielleicht kurz den Booking-Prozess allgemein beschreiben? Wie fängt es an, was ist zu tun, wie setzt ihr das Puzzle am Ende zusammen und was sind die größten Baustellen?
Sobald die ersten größeren Namen stehen, kann ich anfangen kleinere und speziellere Acts anzufragen. Mir ist wichtig, dass das Programm an jeder Bühne einen stimmigen Ablauf ergibt. Die schwierigste Aufgabe besteht natürlich darin, möglichst früh die internationalen größeren Namen zu verpflichten. Nicht der angenehmste Teil der Arbeit muss ich ehrlich sagen. Umso mehr freut man sich, wenn das, was man sich ausgemalt hat auch klappt!

Gibt es Künstler bei denen es ewig nicht geklappt hat und sich die Anfragen über Jahre gezogen haben?
Ja! Da sind noch einige auf der Liste.


Wie wär’s mit Nick Cave feat Chilly Gonzales

Gibt es aus der Vergangenheit ein Act der für dich persönlich heraussticht?
Es sind vor allem die vielen magischen Momente… Z.B. als während des Sets von Jamie XX die Nachricht von Amy Winehouse Tod die Runde machte und es für 5 Minuten regnete. Die Energie und Spielfreude die FM Belfast nachmittags mit auf die Bühne brachten und für viele der heimliche Headliner wurden, die ersten Akkorde von Robert Glasper bevor dann Mos Def auf die Bühne kam…

Was wäre mit unbegrenztem Budget dein Traumact fürs Open Source?
Ich mag ja neues! Wie wär’s mit Nick Cave feat Chilly Gonzales, Solange & Arca? Obwohl: Daft Punk mit Nile Rogers und Stevie Wonder so wie bei den Grammys 2014 wäre auch ok.

Warum gibt es euch nur an einem Tag? Bei dem Standing welches ihr inzwischen genießt, könntet ihr doch sowohl Festivalgelände als auch die Bühne zwei Tage voll bekommen? Stand es nie im Raum das Festival zu verlängern?
Wir arbeiten bereits daran! Aber natürlich nicht einfach einen Tag mehr, so wie alle anderen, sondern einen Tag anders 😉

Gibt es für euch im Festivalbereich Vorbilder, oder Festivals mit denen ihr euch aufgrund der Ausrichtung verbunden fühlt?
Ehrlich gesagt versuche ich mich so wenig wie möglich in Richtung bereits existierender Formate zu bewegen. Geprägt haben mich sicherlich die ersten Jahre auf dem Sonar Festival. Heute mag ich Programme wie die des Manchester International Festival, Meakusma, Dekmantel oder auch Appletree Garden. Aber jeder muss seine eigene Geschichte erzählen.

Welche Festivals wirst du persönlich noch besuchen in diesem Jahr?
Ich treibe mich deutlich weniger auf Festivals herum als man vermuten könnte. Aber Konzerte schau ich mir recht viele an. Aber um einige zu nennen: Club Transmediale war schon ziemlich toll! Und ich hoffe dieses Jahr auch endlich mal zum Simple Things nach Manchester zu fahren.

den Insolvenzanwalt auf Wahlwiederholung

Was sollte sich das Publikum abgesehen von Konzerten dieses Jahr bei euch unbedingt anschauen?
Da gibt’s eine ganze Menge! Die Open Squares, das Bühnenbild von Tim Berresheim und die künstlerischen Positionen der KHM Studenten, die überall auf dem Gelände verstreut sind…

Was ist dein absoluter must-see Tipp für das open Source 2017?
Mount Kimbie LIVE mit Band – ich freue mich wahnsinnig auf das kommende Album.

Abschließend würden wir gerne noch eine der beschissensten Geschichten aus der Geschichte des Open Source hören.
Der schlimmste Moment war sicherlich, als wir nach dem Sturm Ela und vier Tagen Dauer „stark“ Regen einfach die Mainstage nicht bauen konnten. Drei schlaflose Nächte und den Insolvenzanwalt auf Wahlwiederholung, weil wir wirklich nicht wussten ob wir überhaupt veranstalten können. Am Tag selber fiel dann kein Tropfen Regen, es lief alles rund und die Gäste wunderten sich über unsere besorgten Mienen. Bitte nicht nochmal.

Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg für die weitere Planung.
Danke euch!